Fairtrade-Kaffee
15.06.2016

Fairtrade-Kaffee: Mit gutem Gewissen genießbar?

Kritische Betrachtung des Fairtrade-Siegels
Das Gewissen trinkt bei vielen Kaffeeliebhabern mit. Die meisten Deutschen wissen, dass Kaffee teilweise unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen produziert wird. Das System, dass das Label "Fairtrade" trägt, scheint eine passende Antwort auf dieses Problem zu sein. Es garantiert kleinen Bauern Mindesteinkünfte. Doch tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass das System Fairtrade-Kaffee oft nicht wirklich fair ist. Direct Trade erlaubt es, mit gutem Gewissen zu genießen.

Was ist Fairtade-Kaffee?

Auf dem Papier ist das System, das für sein grün-blau-schwarzes Gütesiegel bekannt ist, sehr gut geeignet, um die Missstände in der Produktion von Nahrungs- und Genussmitteln in der dritten Welt zu bekämpfen. Man kooperiert nur mit kleinbäuerlichen Betrieben und fördert sie auf diese Weise gezielt. Kaffeebauern erhalten einen Mindestbetrag pro Kilogramm Bohnen, auch wenn der Weltpreis niedriger ist. Sollte der Weltpreis höher sein, erhalten sie den entsprechenden Betrag. Hinzu kommt eine Sozialprämie, die derzeit (Stand: Mai 2016) bei 0,33 Euro pro kg liegt. Gerade Familien, die Kaffee auf dem Weltmarkt anbieten wollen, soll so gezielt geholfen werden.

Fairtrade-Kaffee

Und die Deutschen lieben die Idee! Seit 2005 steigen die Umsätze von Produkten, die vermeintlich fair gehandelt werden, kontinuierlich an. Inzwischen sind es mehr als 2000, die überall in der Bundesrepublik in Supermarkt, Restaurants und natürlich auch Cafés angeboten werden. In keinem Land verzeichnet der Kaffee mit dem Gütesiegel ein so rasches Wachstum wie in Deutschland. Das Problem dabei: Das System funktioniert oft mehr schlecht als recht und die Organisation, die angeblich fairen Handel befördern möchte, geht nur ungenügend auf die Kritikpunkte ein.

Fairtrade-Kaffee: nicht immer wirklich fair

Das System weist verschiedene Fehlanreize auf. Wer seinen Kaffee mit dem “fairen” Gütesiegel verkaufen möchte, muss eine Aufnahmegebühr von momentan etwa 5000 Euro bezahlen. Weitere jährliche Gebühren folgen. Viele kleine Unternehmen müssen sich dafür verschulden. In der Folge drücken sie die Löhne ihrer Mitarbeiter. Die Konsequenz: Wissenschaftler der University of London konnten aufzeigen, dass die Löhne in vermeintlich “unfairen” Betrieben in Uganda oder Äthiopien gleich hoch oder sogar noch höher als in den Unternehmen sind, die mit dem Siegel arbeiten dürfen.

Zudem kann oft nicht die gesamte Produktion mit dem Gütesiegel verkauft werden. Und an dieser Stelle wird es wirklich kritisch: Angenommen ein Kaffeebauer möchte zwei Kilogramm seiner Bohnen verkaufen. Mit Siegel kann er aber nur die Hälfte der Ware veräußern. Die Qualität vom ersten Kilogramm ist sehr gut. Hierfür erhält er 1,50 Euro auf dem Weltmarkt. Das zweite Kilo ist leider weniger gelungen. Für jenes kann er nur 1,20 Euro auf dem freien Markt erlösen. Er verkauft folglich die guten Kaffeebohnen ohne Siegel, die schlechten mit Siegel und erhält für jene durch den Sozialzuschlag 1,53 Euro. Im Extremfall kann das System also dazu führen, dass schlechterer Kaffee mit Siegel in den Umlauf kommt – was dem gesamten System schadet. Kaffeetrinker wollen zwar mit gutem Gewissen genießen – aber sie wollen eben auch genießen.

Kommt das Geld bei den Bauern an?

Fairtrade-KaffeeEine Studie aus San Diego zeigt einen weiteren kritischen Befund: US-Amerikaner würden beispielsweise noch 50 Cent mehr pro Kilogramm Kaffeebohnen bezahlen, die das Siegel tragen, um den Produzenten zu helfen. Dies hätte laut der Studie allerdings kaum Ertrag. Von 50 Cent kommen gerade einmal 0,3 Cent wirklich bei den Bauern an. Der Rest des Geldes geht unterwegs verloren.

Die Organisation hinter dem Siegel wollte sich lange nicht mit diesen Kritikpunkten auseinandersetzen. Laut eines Berichts der “Zeit” aus dem Jahr 2014 hat man diese Punkte stattdessen als “viel zu verallgemeinernd” zurückgewiesen. Damit hat man allerdings zugleich eingestanden, dass die Untersuchungen scheinbar nicht völlig aus der Luft gegriffen sind.

Direkthandel als lohnende Alternative

Das System von Fairtrade-Kaffee ist allerdings nicht so schlecht, wie es jetzt nach den vorhergehenden Zeilen scheinen mag. Der Mindestpreis und die Sozialprämie sind für zahlreiche Unternehmen eine große Erleichterung. Es macht den Markt nicht so viel besser, wie es vorgibt. Aber es sorgt trotzdem für Verbesserungen.

Allerdings gibt es in Gestalt von Direct Trade eine Alternative, die noch lohnender als Fairtrade-Kaffee ist. Das Zwischensystem entfällt hierbei. Die Verkäufer in den Zielländern verhandeln direkt mit den Bauern. Diese müssen keine Aufnahmegebühren bezahlen. Ein entsprechendes Verfahren, das am Siegel “Coffee Circle” bekannt ist, bezahlt zudem einen Euro pro Kilogramm Sozialprämie. Insgesamt kommt sehr viel mehr vom Geld bei den Bauern tatsächlich an. Für diese wird zudem so der Anreiz gesetzt, wirklich ihre besten Produkte an ihre Partner abzutreten, da jene die höchsten Summen bezahlen.

Direkthandel Kaffees entdecken

Speicherstadt Orang Utan Kaffee
9.0
Speicherstadt Orang Utan Kaffee
Bohnen: 100% Arabica
Herkunft: Sumatra
Röstgrad: 3/5
Intensität: 2/4
Säure: 2/4
Aroma: Noten von Süßholz und Frucht, harmonischer Säureanab
Crema: eher milde, helle Crema
Besonderheiten: ungewöhnliches Projekt der ausgezeichneten Rösterei
Preis: 6,90€ (27,60€/kg)
Unsere Empfehlung: Unser Geheimtipp in Sachen Nachhaltigkeit ist der geschmacklich feine Orang Utan von Speicherstadt, mit dem ein wichtiges Artenschutzprojekt von Gorillas unterstützt wird.
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Elbgold San Antonio
9.2
Elbgold San Antonio
Bohnen: 100% Arabica
Herkunft: El Salvador
Röstgrad: 3/5
Intensität: 2/4
Säure: 3/5
Aroma: Feine Noten von Nougat, Honig und Vanille
Crema: weich
Besonderheiten: Besteht aus Red Bourbon Arabicabohnen
Preis: ab 9,99 € (39,96€/KG)
Unsere Empfehlung: Ein köstlicher Filterkaffee mit süßen Geschmacksnoten von Nougat, Honig und Vanille. Elbgold bezieht Kaffee aus nachhaltigem und fairen Direkthandel bei Kaffeebauern und Kooperativen vor Ort.
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Speicherstadt Honduras 18 Conejo Bio Demeter Kaffee
9.1
Speicherstadt Honduras 18 Conejo Bio Demeter Kaffee
Bohnen: 100% Single-Origin Arabicas
Herkunft: Honduras
Röstgrad: 2/5
Intensität: 3/4
Säure: 3/5
Aroma: nussige Noten von Haselnuss und Mandel
Crema: vollmundige Crema
Besonderheiten: Sorgfältig von Hand gepflückt, geröstet und verpackt, Aufgrund des bio-dynamischen Anbaus der Bohnen mit dem Demeter-Zertifikat ausgezeichnet
Preis: ab 7,55 € (30,20€/kg)
Unsere Empfehlung: Unsere Empfehlung für einen angenehm intensiven und nussigen Kaffeegenuss mit Noten von Haselnuss und Mandeln. Er garantiert ein einzigartiges, cremiges Mundgefühl. Die gleiche Sorte bietet Speicherstadt ebenfalls als Espressoröstung an.
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Kaffees mit Fairtrade Siegel

Mount Hagen Arabica Crema Kaffee Fairtrade
8.9
Mount Hagen Arabica Crema Kaffee Fairtrade
Bohnen: 100% Arabica-Mischung
Herkunft: Papua-Neuguinea, Mexiko und Peru
Röstgrad: 4/5
Intensität: 2/4
Säure: 1/4
Aroma: mildes Aroma mit feinen schokoladigen und nussigen Noten
Crema: dichte Crema
Besonderheiten: Die Bohnen werden auf Anbaugebieten in Höhen von 1300 bis 1800 Metern angebaut.
Preis: ab 17,45€/KG
Unsere Empfehlung: Von der Hamburger Marke Mount Hagen – fair gehandelter, köstlicher Kaffee der aromatisch im Geschmack sowie mild im Säuregehalt ist. Diese Sorte besticht mit einer Vielfalt an Geschmacksnuancen.
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Drago Mocambo Aroma Fairtrade
8.8
Drago Mocambo Aroma Fairtrade
Bohnen: 90% Arabica und 10% Robusta
Herkunft: Südamerika
Röstgrad: 4/5
Intensität: 3/4
Säure: 1/4
Aroma: fruchtiges und nussiges Aroma, angenehme Säure und geringe Bitterkeit
Crema: zart und weich
Besonderheiten: aus ausgewählten bio-zertifizierten Plantagen aus Peru, Kolumbien und Indien, die nachhaltig anbauen
Preis: ab 5,99 € (24€/KG)
Unsere Empfehlung: Eine geschmacklich runde Sache ist dieser fruchtige und fair gehandelte Kaffee, der auch durch guten Preis überzeugt. Das Familienunternehmen Drago Mocambo setzt sich für Nachhaltigkeit und Fairtrade-Kaffee ein.
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Dinzler Kaffee Peru Organico
9.1
Dinzler Kaffee Peru Organico
Bohnen: Arabicabohnen
Herkunft: Indien und Peru
Röstgrad: 3/5
Intensität: 3/4
Säure: 2/4
Aroma: Kräftiger Geschmack mit würzigem Aroma, ideal als Frühstückskaffee
Crema: sahnige Crema
Besonderheiten: fair gehandelt und handgepflückt
Preis: ab 8,99€ (35,95€/KG)
Unsere Empfehlung: Fair gehandelter und nachhaltiger Bio-Kaffee in Spitzenqualität, der geschmacklick überzeugt. Würzig-schokoladige Noten machen die kräftige Mischung geschmacksintensiv und harmonisch.
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Kleine Siegelkunde

Gängig gibt es vier Siegel auf dem Markt, die einen gerechten Handel anzeigen sollen. Neben “Coffee Circle” und “Fairtrade” gibt es noch das rot-weiße “UTZ Certified”, das auch bestimmte Qualitätsstandards setzt, sowie das grün-weiße “Rainforest-Siegel”, das für eine ökologische Landwirtschaft bürgt. Die letzteren sind ebenfalls Systeme, in denen die Bauern nicht direkt mit den Verkäufern verhandeln.

Fazit: Fairtrade-Kaffee – nicht nur auf Siegel vertrauen

Wer Kaffee mit einem der Siegel trinkt, hilft dabei, den Markt gerechter zu gestalten. Wer allerdings mit wirklich gutem Gewissen genießen möchte, sollte nicht nur auf die Siegel vertrauen, sondern sich deren Schwachpunkte bewusst sein – und einfordern, dass die Systeme sich der Kritik stellen und so die Bedingungen für die Produzenten weiter verbessern.

Fotos: iStock – © JanBaars, iStock – © Praweena, iStock – © Karnstocks

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