22.07.2018

Der Schweizer Nahrungsmittelgigant Nestlé übernimmt von der US-amerikanischen Starbucks-Kette die Rechte für die weltweite Kaffee-Vermarktung der Konsum- und Gastronomieprodukte. Der Preis dafür beträgt 7,15 Milliarden US-Dollar. Stimmen die Aufsichtsbehörden zu, ist das Geschäft bis Ende 2018 perfekt.

Der größte Lebensmittelkonzern der Welt sieht im Geschäft mit der braunen Bohne offensichtlich noch große Potenziale, die man mit den jüngsten Deal weiter auszuschöpfen plant. Für Nestlé-Chef Ulf Mark Schneider handelt es sich um einen strategischen Zukauf, Starbucks konzentriert sich auf die ertragreichen Sparten und verkaufte im November 2017 bereits die Teesparte Tazo für 384 Millionen Dollar an Unilever.

Allianz auf dem gehobenen Kaffeemarkt

Die weltweit rund 28.000 Starbucks-Filialen in über 50 Ländern sind von der Übernahme nicht betroffen. Nestlé übernimmt die Kaffee-Produkte, die der US-Konzern über andere Geschäfte verkauft. Damit erwirtschaftete Starbucks 2017 rund 1,8 Milliarden Dollar, das sind etwa acht Prozent vom gesamten Jahresumsatz. Ausgeschlossen von der Übernahme sind außerdem Fertiggetränke sowie der Verkauf von Produkten in den Starbucks-Cafés selbst. Welchen Sinn macht die Übernahme für den Schweizer Konzern – steht er doch weltweit vor allem für die Marken Nescafé und Nespresso? Es handelt sich um eine Allianz auf dem gehobenen Kaffeemarkt. Nestlé wurde in diesem Segment von einer Unternehmensgruppe auf dem US-amerikanischen Markt überholt: Es ist die JAB Holding der deutschen Milliardärsfamilie Reimann. Sie investierte in den vergangenen Jahren 30 Milliarden Dollar in Übernahmen. Starbucks-Chef Kevin Johnson spricht von einer “historischen Vereinbarung”. Nach seinen Worten reagiert das Unternehmen damit auf veränderte Kundenbedürfnisse. Ziel sei, das Geschäft zu fokussieren. Nach eigenen Angaben verkauft Starbucks in Supermärkten Kaffeebohnen, Teebeutel, Eiscreme und fertige Kaffeegetränke. Mit der Übernahme wandert die Kaffeesparte zu Nestlé.
Nespresso Kaffeekapseln

Strategische Überlegungen und Verbrauchernutzen

Es sind auch Verbraucher, die von der Übernahme profitieren. Nach den Worten von Nestlé-Chef Schneider führt sie drei herausragende Kaffeemarken zusammen: Starbucks, Nescafé und Nespresso. Vorgesehen ist unter anderem, den Starbucks-Kaffee für die Kapsel-Systeme Nespresso und Dolce Gusto anzubieten. Global betrachtet stellt sich die Situation bislang so dar, dass Starbucks in den USA der Kaffee-Marktführer ist. Weltweit jedoch liegen Nescafé und Nespresso an der Spitze. Anlagevermögen wird mit der Übernahme übrigens nicht übertragen, jedoch wechseln etwa 500 Mitarbeiter von Starbucks zu Nestlé. Das Schweizer Unternehmen setzt mit der Übernahme seine Strategie fort, durch strategische Zukäufe in Wachstumsfeldern für Schwung zu sorgen. Der Kaffee gilt dabei als die wichtigste Kategorie. 2017 stieg Nestlé schon bei der Kaffeehauskette Blue Bottle Coffee ein, erwarb die Bio-Kaffeemarke Chameleon Cold-Brew und das ägyptische Unternehmen Caravan Marketing. An insgesamt neun Startups beteiligte sich Nestlé im vergangenen Jahr. Mit diesen Engagements versucht das Unternehmen, ein Defizit zu beheben. Die Schweizer sind zwar der weltweit größte Kaffeeproduzent – doch der Vertrieb über eigene Coffeeshops ist im Vergleich dazu klein.

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Urteil der Analysten

Einen “interessanten Schachzug” nennt Jean-Philippe Bertschy , Analyst der Bank Vontobol, die neue Allianz. Nach seiner Ansicht gewinnt Nestlé damit an Marktgewicht in den USA und hält die JAB-Holding der Reimann-Familie auf Distanz. Bertschy relativiert auch den hohen Kaufpreis: Er mag groß erscheinen, könne sich aber mit Blick auf die Rendite der Kapitalkosten schon in drei bis vier Jahren auszahlen. Nach der Bekanntgabe der Übernahme im Mai zogen die Nestlé-Aktien an der Börse um ein Prozent an – nach Verlusten von neun Prozent seit Januar. Die Übernahme soll nach Aussage des Unternehmens ab 2019 zu einer höheren Ausschüttung pro Aktie führen. Neben der Starbucks-Übernahme ist Nestlé zurzeit noch auf einem anderen Feld recht aktiv. Auslöser dafür ist die Kritik von dem Finanzinvestor Dan Loeb und seinem Hedgefonds Third Point. Er forderte in einem offenen Brief an die Aktionäre von dem Unternehmen, mehr Geld auszuschütten – zum Beispiel in Form von Aktienrückkäufen. Ulf Mark Schneider reagierte darauf bereits und kündigte an, dass ungeachtet der Übernahme der Rückkauf von Aktien weitergehe. Die gleiche Entwicklung gibt es zurzeit auch bei Starbucks. Durch beschleunigte Aktienrückkäufe und Dividenden will das US-Unternehmen bis zum Ende des Geschäftsjahres 2020 etwa 20 Milliarden Dollar an die eigenen Aktionäre zurückgeben.

Einordnung in das Marktgeschehen

Kaffee ist der Markt mit einem weltweit gewaltigen Wachstumspotenzial. In den zwei bevölkerungsreichsten Ländern der Erde, China und Indien, ist das bevorzugte Heißgetränk unverändert der Tee. Dort sehen Nestlé und Co. unter anderem ihre Chancen für den Kaffee. Die Gefahr steigender Kaffeepreise in Deutschland als Folge des Nestlé-Starbucks-Deals befürchten Experten nicht. Dazu sei die Konkurrenzsituation mit preisgünstigen Kaffeeröstern wie Aldi zu groß. Starbucks Coffee-to-Go Auch die Rohkaffeepreise an den wichtigsten Handelsplätzen bleiben laut Marktbeobachtern konstant. Gemeinsame Geschäftsfelder von Nestlé und Starbucks könnten in Zukunft zum Beispiel Internetplattformen rund um den Kaffeeverkauf sein. Denkbar ist auch, dass beide Unternehmen gemeinsam Kaffeetipps in sozialen Medien verbreiten. Mitbewerber Reimann zum Beispiel stieg bei dem US-Unternehmen Trade ein. Es vertreibt zunächst einmal Luxuskaffee und trendige Röstungen, bekam aber von den Medien schon den Namen “Tinder für Kaffee”. Diese Trade-Onlineseite will Kaffeeliebhaber zusammenbringen auf Grundlage der Überlegung: Wer den gleichen Kaffee mag, besitzt vielleicht weitere gemeinsame Vorlieben.

In Kürze

Der Schweizer Konzern Nestlé übernimmt für 7,15 Milliarden Dollar die weltweite Kaffee-Vermarktung der Konsum- und Gastronomieprodukte des US-Unternehmens Starbucks. Damit setzen die Eidgenossen ihre Einkaufstour fort – während die Amerikaner sich weiter auf ihre besonders profitablen Kernbereiche reduzieren.

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